Trekking in Tibet – Akzeptanz der Leistungsfähigkeit auf dem Dach der Welt
Auszug aus meinem Tagebuch während einer Trekkingreise nach China, Tibet vom 11.09. – 04.10.2015
„Fast alle Teammitglieder sind weit vor mir am Anstieg des Lang-ma- La-Passes in ca. 5000 Metern Höhe in Tibet, China, Himalaya. Die Schritte, die ich setze, sind maximal 30 cm lang. An jeder Biegung halte ich an und schöpfe Luft. Der Geist sagt mir: „Leg doch mal einen Zahn zu!“, aber mein Körper kann einfach nicht.
Es ist keine Frage des Willens, die Langsamkeit ist vom Organismus vorgegeben. Am Ende komme ich auf dem Pass (5.400 Meter) an. Das Gefühl es geschafft zu haben, ist überwältigend. Niemand macht mir einen Vorwurf oder bewertet die Leistung.
Gesund ans Ziel kommen war die Devise, egal wie schnell oder langsam.“
Auf meiner Trekkingreise durch China und Tibet habe ich diese Situationen mehrfach erlebt. Verschiedene Lebensweisen, Fähigkeiten und Einstellungen zu erfahren und zu akzeptieren, begleiteten mich ständig. Vor allem die eigene Leistungsfähigkeit zu tolerieren, fiel mir am Anfang nicht immer leicht. Ich bekam Unterstützung vor allem von unserem Trekking-Guide, den tibetischen Yak-Männern und der Reisegruppe.
Sie lehrten mich die richtige Geschwindigkeit zu finden, sie nahmen mir auch den Rucksack mal ab. Sie honorierten, wenn die nächste Etappe geschafft war. Aber vor allem ließen sie mich an meine Grenzen stoßen, um mir dann im Zweifel auch darüber zu helfen.
Wie ist es aber in unserem beruflichen Alltag? Wie ist es, wenn neue Anforderungen an die Mitarbeiter gestellt werden, sie in unbekannten Arbeitsbedingungen zurechtkommen müssen und die Erwartungen von Kunden, Führungskräften und Kollegen dennoch erfüllen sollen.
Dies gelingt, wenn sich Mitarbeiter neuen und unbekannten Bedingungen stellen. Wenn sie akzeptieren, dass es sinnvoll und nutzbringend ist, sich mit neuen Bedingungen auseinanderzusetzen. Wenn sie wissen, dass sie Hilfe bekommen, sofern sie notwendig ist. Und wenn sie Fehler machen dürfen, die durch eine offene Aufarbeitung alle voranbringen.
Keiner gleicht dem Anderen. Es gibt verschiedene Leistungsniveaus. Stärken und Schwächen sind unterschiedlich ausgeprägt. Es braucht diverse Begleitung und Unterstützung. Es braucht Ansprechpartner, Kommunikation und Rückkopplung. Vor allem braucht es aber Empathie und Verständnis.
Der Trekking-Guide wusste genau, dass er die Teammitglieder unterschiedlich begleiten muss. Er hat die Stärksten zur Unterstützung der Anderen genutzt. Er hat vor jeder neuen Etappe Instruktionen gegeben, gefragt wie es jedem damit geht und unsere Wünsche und Vorschläge zum Trekking berücksichtigt. Dort wo es um Sicherheit und Verantwortung ging, war der Weg dennoch klar vorgegeben und wir haben das akzeptiert. Wir wussten, dies ist der beste Weg, um das Ziel zu erreichen!